Elektrische Strassenbahnen im Kanton Zug (ESZ)

Strecken: Zug SBB – Oberägeri / Zug Postplatz – Baar SBB – Talacker / Nidfurren – Menzingen

Durchfahrt in Schmidtli-Allenwinden. 1954                                                            Foto  H.U. Würsten

Hier liegt die Strecke

Zug liegt an der Linie Zürich – Luzern / Gotthard.

Geschichte

Um das Zuger Hinterland zu erschliessen wurden mehrere Autobuslinien ausgehend vom Bahnhof Zug eröffnet. Die noch sehr primitiven Busse konnten jedoch den anspruchsvollen Liniendienst mit den starken Steigungen nicht bewältigen und so passsierte hier vorerst das Gegenteil vom Ueblichen, der Bus musste einer Ueberland-Strassenbahn weichen. Es wurden zwei Linien erstellt, die eine von Zug SBB nach Oberägeri, die andere von Zug SBB über Baar SBB nach Menzingen.

Die Gleise lagen grösstenteils in den vorhandenen Strassen. In den Dörfern wurden schöne Stationsgebäude erstellt, welche bis heute erhalten blieben. Die Bahn diente jahrelang den Pendlern und Ausflüglern bestens und die Frequenzen nahmen von Jahr zu Jahr zu. Die Spinnereien in Aegeri und Unterägeri sorgten zudem für ein solides Frachtaufkommen. Leider war ihr Platz auf den Strassen der Falsche und so musste die Bahn nach mehreren Jahren mit Pro- und Kontra Gutachten 1953 und 1955 wieder dem Bus den Vortritt lassen

Streckenführung

Ausgangspunkt der ESZ in Zug war eigentlich der Kolinplatz, denn die Gleise vom Bahnhof SBB bis hierher gehörten der Zuger Berg- und Strassenbahn ZBB und wurden von der ESZ mitbenutzt. Immer in der Steigung verliess die Oberägeristrecke das Stadtgebiet und erreichte den Talacker wo die Strecke von Baar einmündete. Ueber den imposanten Lorzeviadukt kam man nach Nidfurren mit der Abzweigung nach Menzingen. Immer noch leicht steigend ging es nach Unterägeri und dann dem Aegerisee entlang bis Oberägeri. Ausser dem Lorzetobel-Viadukt waren keine Kunstbauten vorhanden.

Die Fahrzeit betrug 60 Minuten.

Die zweite Linie begann in Zug beim Postplatz und befuhr die Hauptstrasse bis Baar. Dabei kam sie zwischen Zug und Baar beim ESZ Depot vorbei. Anschliessend begann es auch hier zu steigen und auf gewundener Strasse wurde beim Talacker die Linie nach Oberägeri erreicht. Gemeisam mit den Aegeri-Zügen wurde nun das Gleis bis Nidfurren benützt. Hier zweigte die Menzinger Strecke links ab und weiterhin in starker Steigung erreichte der Zug die Enstation Menzingen. Es waren keine nennnenswerten Kunstbauten vorhanden.

Ab 1915 wurde infolge Rollmaterialknappheit der Betrieb auf der Strecke Zug SBB – Baar an die Zuger Berg- und Strassenbahn ZBB übertragen, welche diese Strecke bis zur Einstellung mit eigenem Personal und Rollmaterial betrieb.

Die Fahrzeit Zug SBB – Baar SBB betrug 15 Minuten, Baar – Menzingen 43 Minuten.

Streckenskizze                                                                             Google Earth

Was blieb erhalten? Stand 2007

Von der Strassenbahn gibt es ausser einigen Stationsgebäuden und dem Lorzetobel-Viadukt keine Zeugen mehr. Ein Triebwagen der ESZ welcher nach der Betriebseinstellung zur OJB kam, konnte von einer privaten Gruppe 1993 nach Zug zurückgeholt werden. Er wurde anschliessend mustergültig renoviert, in seinen Ursprungszustand zurückversetzt und steht nun im Museum Zeughaus Neuheim bei Zug.

Allgemeine Daten

Betriebsaufnahme Strecke:
Zug – Oberägeri                9.09.1913
Zug – Baar – Talacker                9.09.1913
Nidfurren – Menzingen                9.09.1913
Betriebseinstellung Strecke:
Zug – Baar – Talacker               16.05.1953
Nidfurren – Menzingen               16.05.1953
Zug – Oberägeri               21.05.1955
Streckenabbruch                1953 / 55
Ersatzbetrieb                    Bus
Betriebslänge                 24,2  km
Eigentumslänge                 23,2  km
Strassenstrecken                 23,3  km
Spurweite                1000  mm
Kleinster Kurvenradius                   17  m
Grösste Neigung                 65  0/00
Anzahl Weichen                    47
Anzahl Stationen und Haltestellen                    40
Tiefste Station      (Zug Postplatz)              424  m.ü.M.
Höchste Station      (Menzingen)              808  m.ü.M.
Depot / Werkstätte                  Baar
Anzahl Tunnel                  —-
Anzahl Brücken  (über 2 m Länge)                    1    (eigene)
Betriebsart               Elektrisch
Elektrischer Betrieb ab               Eröffnung
Stromsystem              Gleichstrom
Spannung                1000  V    1)
Personalbestand        1914                   28
Beförderte Personen   1914                274 396
Beförderte Personen   1952              1 206 184
Beförderte Güter        1914                9 567  t
Beförderte Güter        1952                7 345  t
Kupplungssystem                 +GF+
Bremssystem     elektr. Bremse / Druckluft
Stromabnehmer                 Lyra
Fahrzeugbreite               2,50  m
Anstrich der Personenfahrzeuge          graublau / weiss
Höchstgeschwindigkeit              30  km/h

1) Auf der Strecke Zug SBB – Kolinplatz und Zug – Baar betrug die Spannung 550 V.

Rollmaterial bei Betriebseinstellung

Triebfahrzeuge

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht Leistung Plätze Bemerkungen
   m      t     PS
CFe 4/4   1   1913  SWS/MFO  14,39     24    260   36 1955  an OJB
CFe 4/4   2   1913  SWS/MFO  14,39     24    260   36 1955  an OJB
CFe 4/4   3   1913/16  SWS/MFO  11,83     21    260   32 1955  an OJB
CFe 4/4   4   1921  SWS/MFO  14,39     26    260   36 1955  an SNB
CFe 2/2  11   1913  SWS/MFO  10,76     17    130   20 1955  an Privat
CFe 2/2  12   1913  SWS/MFO  10,76     17    130   20 1955  an StSS
CFe 2/2  13   1913  SWS/MFO  10,76     17    130   20 1955  an Privat

Personenwagen

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht Plätze Bemerkungen
    m      t
C4  31 – 34    1913      SWS   12,02     10    36 1955  an BTB
C  36 – 37    1920      SWS    9,70      7    40 1955  an SeTB
C     38    1926      SWS    9,70      7    40 1955  an SeTB
C  39 – 40    1946      SWS    9,70      7    40 1955  an AS

Güterwagen

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht Ladegewicht Bemerkungen
   m      t     t
K  41 – 42   1913     SWS   8,12      6      10 1953  an WTB
K     43   1914     SWS   8,12      6      10 1953  an WTB
K     44   1914     SWS   8,12      6      10 1953  an SNB
K     45   1914     SWS   8,12      6      10 1953  an AS
K     46   1914     SWS   8,12      6      10 1953  an SNB
L  61 – 62   1913     SWS   8,16      5      10 1953  an LEB
L  63 – 65   1915     SWS   7,40      4      10 1953  an LEB
M  81 – 83 1913/14     SWS   8,12      5      10 1953  an SeTB

Stationen und Haltestellen

Name Bahn km Höhe m.ü.M.  HG  NG  Remise  Depot
Zug SBB      0,0       428   2   1
Postplatz      0,7       424   2
Talacker      3,6       601   3
Nidfurren      5,8       652   3
Neuägeri      8,0       682   2   2
Unterägeri     10,8       730   3   2
Oberägeri     13,3       736   2   2

Weitere Haltestellen waren: Bundesplatz, Rütli, Weinberg, Tobelbrücke, Neuägeri Post, Rössli, Innere Spinnerei, Unterägeri Schiff, Schulsanatorium, Mittenägeri, Oberägeri Gerbe, Unterdorf, Löwen.

Name Bahn km Höhe m.ü.M. HG NG Remise Depot
Zug SBB 0,0 428 2 1
Baar Depot 1,9 432 2 8 1
Baar SBB 3,4 446 2 3
Edibach 7,8 705 2
Menzingen 9,6 808 2 2 1

Weitere Haltestellen waren: Bundesplatz, Bahnhofaufstieg, Güterbahnhof, Schlachthof, Baar Feld, Löwen, Lindenhof, Rathaus, Bühl, Leihgasse, Himmelreich, Margel, Moos, Tobelbrücke, Bad Schönbrunn, Ober-Edlibach, Menzingen Institut.
HG = Hauptgleise, NG = Nebengleise

Bilder aus der Betriebszeit

Strecke Zug – Oberägeri

 

Strecke Zug SBB – Baar SBB – Menzingen

Ausschnitt aus dem Fahrplan1932/33

Ausschnitt aus dem Fahrplan 1932/33

Rollmaterial

Fotos nach der Betriebseinstellung (Spurensuche 2009)

Rollmaterial das bei andern Bahnen oder Museen erhalten blieb

 

 

 

Literatur

Elektrische Strassenbahnen im Kanton Zug, Prellbock Verlag
Die bessere Verbindung von Berg und Tal, Zürcher Verlag
Schweiz. Eisenbahnstatistik 1914, Amt für Verkehr
Schweiz. Verkehrsstatistik 1952, Amt für Verkehr
Schienennetz Schweiz, AS Verlag
Aufgehobene Bahnen in der Schweiz, VRS Verlag