Gaswerkbahn Bern (GWB)

Strecke: Wabern GBS – Gaswerk Lindenau

Die E 3/3 Nr. 1 «LISE» im Gaswerkareal.                                                                                                    Foto  P. Willen

 

Hier liegt die Strecke

Wabern ist ein Vorort von Bern und liegt an der Strecke Bern – Belp.

Geschichte

Als erste Schweizer Stadt erhielt Bern 1843 ein kleines, privat betriebenes Gaswerk. Das Gas diente in erster Linie zur Beleuchtung der Strassen in der Innenstadt.
Nachdem das Gaswerk an der Weihergasse zu klein wurde konnte die Stadt Bern 1876 an der Sandrainstrasse ein neues Gaswerk eröffnen. Die für die Gasproduktion bestimmte Kohle musste vorerst mit Pferdefuhrwerken am Bahnhof Bern abgeholt werden. Der Jahresbedarf betrug ca. 20 000 Tonnen.
Als in den Jahren 1901/02 die Gürbetalbahn zwischen Bern und Thun eröffnet wurde kam die Idee auf, eine Verbindungsbahn zur GTB Station Grosswabern zu erstellen.
Die Distanz zwischen dem Gaswerk und der GTB Station betrug einen guten Kilometer. Der Höhenunterschied allerdings war 70 Meter, so dass man zuerst an eine Zahnradbahn dachte. Schlussendlich wurde dann eine Adhäsionsstrecke erstellt die trotz einer Steigung von bis zu 35 0/00 um die 2,5 km Länge aufwies.
1906 konnte die Berner Gaswerkbahn in Betrieb genommen werden. Bis die 1908 abgelieferte eigene Dampflok E 3/3 Nr. 1 in Betrieb gehen konnte wurden die Transporte durch Lokomotiven und Personal der Gürbetalbahn ausgeführt.
Täglich wurden zwischen 15 und 20 Kohlewagen transportiert. Zufuhr von Steinkohle – Abfuhr von Koks zur weiteren Verwendung als Heizmaterial.
1961 konnte dann nach Erprobung mehrerer Dieselloks die Em 2/2 «Mutz» in Betrieb genommen werden und die Dampflok versah wenn notwendig den Reservedienst.
Die Gaswerkbahn bediente übrigens über ein kurzes Anschlussgleis in Wabern auch noch einige externe Kunden.
1939 wurden 47 358 Tonnen Steinkohle zugeführt und 32 139 Tonnen Koks abgeführt.
1967 wurde die Stadt Bern an das Ferngasnetz angeschlossen und erhielt Stadtgas aus Basel und ab 1972 Erdgas. Damit ging die Geschichte des Berner Gaswerkes und auch der Gaswerkbahn zu Ende. Steinkohle wurde keine mehr benötigt.
1968 wurden im Rahmen des Herbstfestes Wabern noch einige Dampf-Personenzüge mit riesigem Publikumsaufmarsch auf der Gaswerkstrecke geführt – dann war endgültig Schluss.

Die Bahnanlagen wurden, wie auch das Gaswerk, umgehend abgebrochen. Auch die Bahnbrücke über die Eichholzstrasse verfiel dem Abbruch. Einzig das kurze Anschlussgleis bei der Station Wabern blieb erhalten.
Die Dampflok wurde vom Dampfbahnverein Bern DBB übernommen und ist auch heute noch einsatzfähig. Die Diesellok gelangte zur Sihltalbahn SiTB.

 

Streckenführung

Südwärts an die GTB Station Wabern anschliessend lagen die Ueberfuhr- und Abstellgleise der Gaswerkbahn. Im Bereich zwischen GTB Streckengleis und der Seftigenstrasse lagen zudem noch zwei Anschlussgleise zu Industriebetrieben. Unmittelbar danach begann die grosse 180 Grad Kurve die das Gleis nun mit einer Neigung von 35 0/00 Richtung Norden parallel zur Aare führte. Gleich nach dem Verlassen der Station Wabern wurde die mit Blinklichtern gesicherte Seftigenstrasse überquert. Die am Aarehang hinabführende Eichholzstrasse wurde mit einer Betonbrücke traversiert und zwei weitere Bahnübergänge waren ohne Sicherungsanlagen. Im Gaswerkareal lagen 4 parallele Gleise. Bergseitig im zweiten Gleis lag der Lokschuppen der durch beidseitig angebrachte Tore durchfahren werden konnte. Im Werkgelände gab es mehrere kleine Drehscheiben welche den Zugang zu einzelnen Gebäuden ermöglichten.

Streckenskizze                                                                      Google Earth

Das Gaswerkareal 1943.                                                                                                   Festschrift GWB

Was blieb erhalten? Stand 2015

Das Trassee blieb grösstenteils erhalten. Einzig die Kurve vor der Seftigenstrasse wurde überbaut. Im obern Abschnitt wurde es teilweise den daneben liegenden Parzellen hinzugefügt. Der untere Teil dient heute als Fuss- und Veloweg. Im ehemaligen Gaswerkareal sind noch einige einbetonierte Gleisreste auszumachen. Alle Gebäude wurden abgebrochen, das Gelände blieb bis heute ungenutzt. Die ehemaligen Anschlussgleise bei der Seftigenstrasse sind zum Teil noch vorhanden.
2015 wurde in Wabern die Verbindungsweiche zwischen den BLS Gleisen und der ehemaligen Abstellgruppe der Gaswerkbahn entfernt.

Allgemeine Daten

Betriebsaufnahme Strecke:
Wabern Station GBS – Gaswerk 1906
Betriebseinstellung Strecke:
Wabern Station BLS – Gaswerk 1967  1)
Streckenabbruch 1969  2)
Streckenlänge 2,4 km
Spurweite 1435 mm
Grösste Neigung 35 0/00
Anzahl Weichen 14
Tiefster Punkt (Gaswerk) 503 m.ü.M.
Höchster Punkt (Station Wabern) 573 m.ü.M.
Depot / Werkstätte Gaswerk
Anzahl Tunnel  —-
Anzahl Brücken  (über 2 m Länge) 1
Betriebsart Dampf / Diesel
Diesel Betrieb ab 1961 3)
Höchstgeschwindigkeit 40 km/h

1) 1968 fanden noch Publikumsfahrten mit Dampflok statt.
2) Die beiden Gleise parallel zur BLS Strecke und ein Teil der Anschlussgleise blieben ehalten.
3) Auch während dem Dieselbetrieb blieb die Dampflok als Reserve einsatzfähig.

Rollmaterial

Triebfahrzeuge

Typ Nr. / Name    Baujahr    Lieferfirma   Länge    Gewicht    Leistung     V max
E 3/3   1 «Lise»     1908       SLM   8,45 m       34 t     370 kW    45 km/h     1)
Em 2/2    «Mutz»     1961 SIG/Saurer/BBC   7,50 m       40 t     243 kW    55 km/h     2)

1)  Die E 3/3 «Lise» ist betriebsfähig und heute im Eigentum der Dampfbahn Bern (DBB).
2)  Die Em 2/2 «Mutz» gelangte 1969 zur Sihltalbahn (SiTB) heute SZU.

Güterwagen

Ueber Güterwagen der Gaswerkbahn sind keine Angaben bekannt. Auf Fotos sind jedoch ehemalige SBB «E» im Bestand der GWB und ein Kesselwagen zu sehen.

Bilder aus der Betriebszeit

Fotos vom Quartierfest Wabern 1968

Fotos nach der Betriebseinstellung (Spurensuche 2015)

Noch erhaltenes Rollmaterial (Stand 2016)

 

 

Literatur

Hundert Jahre Gaswerk Bern, GWB
Das war die Gaswerkbahn, Heimat heute 2011