Zentralbahn (ZB/LSE/StEB)

Strecke: (Grafenort) Mettlen – Boden (Engelberg

Zugskreuzung in der Station Obermatt.   2010                                                                Foto J. Ehrbar

Engelberg liegt knapp 30 km südlich von Luzern.

Geschichte

Zur Erschliessung des Engelberger Tales wurden recht unterschiedliche Projekte vorgeschlagen. Bereits 1887 wurde die Konzession erteilt für eine Schmalspurbahn ab der projektierten Station Hergiswil der schmalspurigen Brünigbahn, dann über die Lopperstrasse bis Stansstad und weiter auf Eigentrassee bis Grafenort. Da die Mitbenützung der Lopperstrasse von der Regierung jedoch abgelehnt wurde, versank dieses Bahnprojekt wieder in der Vergessenheit. Auf diesen Vorschlag wurde übrigens viel später zurückgegriffen indem 1964 die Verbindungsstrecke Hergiswil – Stansstad erstellt wurde, natürlich ohne Strassenbenutzung, dafür mit dem Loppertunnel II der LSE.
Erstellt wurde dann eine elektrische Meterspurbahn mit Drehstrombetrieb, welche die Schiffstation Stansstad mit Engelberg verband und unter dem Namen «Stansstad – Engelberg Bahn StEB» 1898 in Betrieb ging.
Dabei musste zur Ueberwindung der Talstufe zwischen Obermatt und Engelberg die Riggenbachsche Zahnstange benutzt werden. Um die Kosten tief zu halten wurde die maximale Steigung auf 250 0/00 festgesetzt. Die Adhäsionsstrecke unterhalb Obermatt wies die respektable Neigung von 51 0/00 auf. Die bis Engelberg durchgehenden Züge wurden meistens durch einen alleinfahrenden Adhäsionstriebwagen gebildet, welcher auf der Zahnstange durch kleine Zahnradlokomotiven befördert wurde. Dieses System war zwar recht aufwendig, bewährte sich aber bei den nicht allzugrossen Verkehrszahlen gut.

Mit dem Bau der Verbindungsstrecke zur Brünigbahn (siehe auch unter StEB) und der Einführung direkter Züge Luzern – Engelberg änderte sich die Lage gewaltig. Die sich nun «Luzern – Stans – Engelberg-Bahn LSE» nennende Unternehmung erlebte einen nie geahnten Verkehrsaufschwung. Mit total neuem Rollmaterial und nun mit 15 000 V Einphasenstrom betrieben (analog Brünigbahn) wurde nun die Steilstrecke Obermatt – Ghärst in der Formation der Züge zu einem grossen Hindernis.
Abhilfe konnte nur der Bau einer neuen Zahnradstrecke mit einer maximalen Steigung von etwa 120 0/00 bringen, wie auf der Brünigbahn vorhanden.

Der Bau der neuen Tunnelstrecke startete 2001, wurde dann aber durch den enormen Wasserdruck im Tunnel derart verzögert dass die Eröffnung der Neubaustrecke erst auf den Fahrplanwechsel 2010 erfolgen konnte.

Bereits im Frühling 2011 wurde mit dem Abbruch der alten Strecke begonnen.

Streckenführung

Ab der Mettlen, etwa 1,5 km nach Grafenort, beim untern Tunnelportal der Neubaustrecke, folgte die alte Linie mit vielen Kurven und einer Steigung bis zu 51 0/00 dem Lauf der Engelberger Aa. Bergseitig vom Ausgleichsbecken der Luzerner Kraftwerke befand sich die Station Obermatt mit zwei Kreuzungsgleisen sowie zwei Abstellgleisen. Gleich nach der Ausfahrweiche begann die Zahnradstrecke welche neben dem Kraftwerkgebäude in die Höhe führte.

Zur Zeit der StEB waren die Gleisanlagen in Obermatt umfangreicher, wurden doch hier die kleinen Zahnradlok talseitig an die Adhäsionstriebwagen gestellt, beziehungsweise wieder weggestellt. Ein kleines Depotgebäude für Unterhalt und Remisierung war auch vorhanden.

Die Zahnradstrecke führte in gestreckter Linienführung mit einer Höchststeigung von 246 0/00 zur Haltestelle Grünenwald wo sich einzig ein Restaurant befand. Bis zur Neutrassierung der Hauptstrasse konnte man hier die berühmte Strassenklappbrücke über das Zahnstangengleis sehen. Vor jeder Zugsdurchfahrt musste die Brücke von Hand empor gekurbelt werden um sie nach der Passage des Zuges wieder abzusenken. Weiter gings wieder in der Maximalsteigung bis Ghärst, dem Ende der Zahnstange. Ghärst war Dienststation mit zwei Kreuzungsgleisen. Zur StEB Zeit wurden hier die Zahnradlok bei- oder weggestellt. Von hier verlief die Strecke ohne grosse Steigung direkt oberhalb der Hauptstrasse bis zur S-Kurve im Ortsteil Boden bei Engelberg. Hier kommt einige Meter nach dem Tunnelportal die Neubaustrecke wieder zur alten Linienführung zurück.

Die Fahrzeit von Mettlen bis Boden betrug 17 Minuten.

Streckenskizze                                                            Google Earth

Was blieb erhalten? Stand 2016

Das ehemalige Trassee zwischen dem talseitigen Tunnelportal und Obermatt wird nicht genutzt, das heisst es wird langsam von der Vegetation übernommen. Es ist jedoch zur Zeit gut begehbar. Im Gebiet Reinerts und Obermatt wurde das Trassee vollständig rekultiviert und wird landwirtschaftlich genutzt. Der Trasseeverlauf ist nicht mehr ersichtlich.
Die Steilstrecke wird ebenfalls der Natur überlassen, ist zurzeit aber noch gut begehbar.
Das Gebiet bei der ehemaligen Dienststation Ghärst wird zum Teil als Holzlagerplatz genutzt. Der letzte Abschnitt bis Boden der am Hang oberhalb der Hauptstrasse im freien Gelände liegt ist gut erhalten, jedoch abgesperrt. (Begehung nicht möglich).
Alle Brücken und Durchlässe wurden abgebrochen. Abgesehen von einem einzigen Maststummel wurde die ganze Bahninfrastruktur entfernt. Das gilt auch für die Gebäude in Obermatt und Ghärst.

Allgemeine Daten

Betriebsaufnahme Strecke:
Mettlen km 18,6 – Boden km 22,8              5.10.1898
Betriebseinstellung Strecke:
Mettlen km 18,6 – Boden km 22,8              7.12.2010
Streckenabbruch                  2011
Ersatzbetrieb Tunnelstrecke ab 12.12.2010
Streckenlänge                4,2  km
Gleis mit Zahnstange  (1 Abschnitt)                1,6  km
Zahnradsystem              Riggenbach
Spurweite               1000  mm
Grösste Neigung  Adhäsion                51  0/00
                       Zahnstange               246  0/00
Stationen und Haltestellen aufgehoben                    2
Tiefste Station     (Grafenort)             569  m.ü.M.
Höchste Station    (Engelberg)             999  m.ü.M.
Anzahl Tunnel                  —-
Anzahl Brücken   (über 2 m Länge)                    4
Betriebsart               Elektrisch
Elektrischer Betrieb ab               Eröffnung
Stromsystem bis  1964       Drehstrom,  33,3  Hz
Stromsystem ab  1964     Wechselstrom  16,7  Hz
Spannung bis     1964                800  V
Spannung ab     1964              15 000  V
Anzahl Zugspaare  2010                   17
Höchstgeschwindigkeit Zahnstange:
                               Bergfahrt               20  km/h
                               Talfahrt               12  km/h

 

Stationen und Haltestellen

Name Bahn km Höhe m.ü.M. HG NG Bemerkungen
Grafenort     17,1       569 noch in Betrieb
Obermatt     20,3       675  2  2
Grünenwald     21,5       885  1
Ghärst (Dienststation     22,1       970  2
Engelberg     24,8       999 noch in Betrieb

HG = Hauptgleise, NG = Nebengleise

Stationsskizzen

Fotos aus der Betriebszeit

Die Drehstromzeit der Stansstad – Engelberg Bahn  StEB 1898 – 1964

Die Einphasenzeit der Luzern –  Stans –  Engelberg Bahn LSE und der Zentralbahn ZB ab 1964

Ausschnitt aus dem Kursbuch 2009

Fotos 4 Monate nach der Streckeneinstellung 2011

Fotos nach der Betriebseinstellung (Spurensuche 2016)

In den grossen Wiesenflächen von Reinerts und Obermatt wurde das Trassee vollständig rekultiviert, Einschnitte aufgefüllt und Dämme abgetragen. An diesen beiden Stellen gibt es selbst in der Geländeform keine Spuren mehr. Alle Brücken wurden ebenfalls abgetragen.

 

 

 

Literatur

Bahnen nach Engelberg, Minirex Verlag
Schienennetz Schweiz, AS Verlag