Strecke: Morez (F) – La Cure-Suisse – (Nyon)
Hier liegt die Strecke
Geschichte
Die noch heute existierende Schmalspurbahn zwischen Locarno und Domodossola, welche gemeinsam von einer schweizerischen und italienischen Gesellschaft betrieben wird, hatte im Jura ein Gegenstück mit der Schmalspurbahn von Nyon nach Morez in Frankreich. Wegen der engen Verflechtung der NStCM mit der französischen MLC (ex CFEJ) bekommt diese Gesellschaft ebenfalls Gastrecht in dieser Abhandlung.
1916 wurde die von Beginn weg elektrisch betriebene Meterspurstrecke Nyon – St-Cergue eröffnet und 1917 folgte die Inbetriebnahme bis La Cure, unmittelbar an der französischen Grenze. Da von allem Anfang an eine Weiterführung der Bahn bis ins französische Morez geplant war, gab sich die schweizerische Gesellschaft den Namen «Chemin de fer Nyon – Saint Cergue – Morez, NStCM».
Durch die Folgen des 1. Weltkrieges verzögerte sich die Eröffnung der französischen Teilstrecke Morez – La Cure bis zum 7. März 1921.
Die französiche Gesellschaft mit dem Namen «Chemin de fer Electriques du Jura, CFEJ» bessass zum Zeitpunkt der Eröffnung noch kein eigenes Rollmaterial. Aus diesem Grunde übernahm die NStCM die Betriebsführung der Gesamtstrecke und stellte auch das Rollmaterial. Es wurden um die fünf durchgehende Zugspaare geführt.
1922 erhielt die CFEJ 2 Personenwagen, 9 Güterwagen sowie einen Schneepflug. 1924 konnte dann der erste eigene Triebwagen eingesetzt werden. Er war praktisch baugleich mit den Triebfahrzeugen der NStCM.
1925 kam ein neuer Vertrag zwischen den beiden Gesellschaften in Kraft. Die Betriebsleitung blieb bei der NStCM, jedoch wurden einige Dienststellen zur französischen Gesellschaft verschoben. Der florierende Wintersport in der Gegend von Les Rousses brachte ansehnliche Frequenzen.
Durch die Abwertung der franz. Währung sowie der aufkommenden Automobilkonkurrenz wurde der Betrieb stark defizitär. Um den möglichen Konkurs der CFEJ abzuwenden, übernahm 1932 das Département Jura die Gesellschaft und spricht einen grösseren Kredit zur Sanierung der Strecke. Die Gesellschaft gab sich nun den Namen «Chemin de fer Morez – La Cure, MLC».
1936 konnte ein zweiter Triebwagen den Dienst aufnehmen. Der Wagenpark wurde durch den Kauf von gebrauchtem Material ergänzt.
1937 kündigte die MLC den Betriebsvertrag mit der NStCM. Am 18. Juni 1940, während des 2. Weltkrieges, wurden Strasse und Gleis bei Turu und Sous-les-Barres durch die französichen Genietruppen gesprengt, um den Vormarsch der deutschen Truppen zu verzögern. Der Bahnbetrieb blieb bis zum 4. Dezember 1940 eingestellt.
Grenzüberschreitende Züge gab es vorerst nicht mehr. Am 15. August 1944 entgleiste ein Triebwagen bei Sous-les-Barres . Französiche Partisanen hatten das Gleis sabotiert. Ein Teil des Rollmaterials wurde zur Sicherheit in die Schweiz verschoben.
Nach Kriegsende befanden sich die Gleisanlagen in einem katastrophalen Zustand. Während ab 1951 die Strecke auf Schweizer Gebiet saniert wurde, war dies der MLC leider nicht möglich. Die finanziellen Mittel waren nicht beizubringen. Die aufkommende Motorisierung tat ein Uebriges.
Am 27. September 1958 wurde der Bahnbetrieb Morez – La Cure eingestellt und durch einen Busbetrieb abgelöst. Ab 1960 wurde die gesamte Gleisanlage abgebaut. 1961 konnte ein Teil des Rollmaterials von der NStCM übernommen werden.
Anders als bei der NStCM, welche grösstenteils ein unabhängiges Trassee besitzt, waren die Gleise der MLC beinahne vollständig in Strassenrandlage verlegt, durch die langgezogene Stadt Morez sogar auf der Hauptstrasse.
Die Fahrzeit Morez – La Cure-betrug 50 Minuten.
Streckenführung
Ausgangspunkt der Strecke war der Bahnhofplatz Morez der PLM (heute SNCF). Hier gab es nebst den beiden Stationsgleisen nur noch eine Verbindung zur Güterhalle.
Auf einem kurzen Eigentrassee mit 64 0/00 Neigung verliess die Strecke das Stationsgebiet und unterquerte den PLM Viadukt, um das tiefer liegende Stadtgebiet zu erreichen. Als Strassenbahn wurde anschliessend die Stadt mit der Kreuzungsstelle «Place de la Republique» durchfahren. Nach den letzten Häusern begann die Bahn zu steigen und verlief bergseitig der Hauptstrasse nach Les Rousses. Bei Turu und Sous-les-Barres wurden zwei enge Strassenkurven mit einem Tunnel umgangen.
Unterhalb Les Rousses wechselte die Strecke auf die Talseite der Hauptstrasse und folgte dieser bis unmittelbar vor La Cure-France. Hier wurde die Hauptstrasse noch einmal überquert und über freies Feld die Station La Cure-France und nach weiteren 300 Metern und passieren der Landesgrenze, La Cure-Suisse erreicht.
Einzige grössere Unterwegsstation war Les Rousses mit Stationsgebäude und zweigleisiger Fahrzeugremise. Auch die Station La Cure-France besass ein Stationsgebäude.
Was blieb erhalten? Stand 2020
Nach der Einstellung des Bahnbetriebes 1958, wurden ab 1960 die Gleisanlagen zwischen Morez SNCF und der Landesgrenze bei La Cure abgebrochen. Das in Seitenlage zur Hauptstrasse liegende Bahntrassee war später willkommenes Terrain um die Strasse zu verbreitern. Im stark expandierenden Les Rousses wurde das Trassee in eine Durchgangsstrasse verwandelt. Bei der Station La Cure-France ist noch ein längerer Bahndamm zu sehen.
Die Hochbauten in Les Rousses wurden abgebrochen, das Stationsgebäude von La Cure-France blieb als Wohnhaus erhalten.
An die Schmalspurstrecke nach Morez erinnern heute vor allem die beiden noch erhalten gebliebenen Tunnel von Turu und Sous-les-Barres.
Als Kuriosum wäre zu erwähnen, dass das Ausziehgleis der NStCM in La Cure noch auf ca. 20 Meter auf französischem Boden liegt.
Allgemeine Daten
Betriebsaufnahme: | |||||
Morez – La Cure Grenze | 07.03.1921 | ||||
Bettriebseinstellung: | |||||
Morez – La Cure Grenze | 27.09.1958 | ||||
Streckenabbruch: | 1960 | ||||
Ersatzbetrieb | Bus | ||||
Streckenlänge: | 11,9 km | ||||
Strassenstrecke ca. | 3 km | ||||
Spurweite | 1000 mm | ||||
Grösste Neigung | 64 0/00 | ||||
Anzahl Weichen | 16 | ||||
Anzahl Stationen und Haltestellen | 10 | ||||
Tiefster Punkt der Strecke | 701 m.ü.M. | ||||
Höchster Punkt der Strecke | 1152 m.ü.M. | ||||
Anzahl Tunnel | 2 | ||||
Anzahl Brücken (eigene) | —- | ||||
Betriebsart | Elektrisch | ||||
Elektrischer Betrieb ab | Eröffnung | ||||
Stromsystem | Gleichstrom | ||||
Spannung | 2200 V | ||||
Kupplungssystem | ZP1 | ||||
Bremssystem | Druckluft | ||||
Fahrzeugbreite | 2,2 m | ||||
Stromabnehmer | Panto | ||||
Anstrich der Personenfahrzeuge | rot | ||||
Höchstgeschwindigkeit | 40 km/h | ||||
Anzahl Zugspaare 1949 | 6 | ||||
Beförderte Personen | 1947 | 280 000 | |||
Beförderte Güter | 1952 | 3 500 t |
Rollmaterial
Triebfahrzeuge
Typ | Nr. | Baujahr | Hersteller | Länge | Gewicht | Leistung | Plätze | |
m | t | kW | 1 / 2 | |||||
BCFZe 4/4 | 1 | 1924 | D&B, BBC | 16,40 | 34 | 280 | 6 / 18 | #) |
BCFe 4/4 | 2 | 1936 | CG, BBC | 16,40 | 32 | 280 | 6 / 30 | #) |
#) Die beiden Triebwagen gelangten 1961 zur NStCM.
Personenwagen
Typ | Nr. | Baujahr | Hersteller | Länge m | Gewicht t | Plätze | Bemerkungen |
C4 | 3 | 1902 | ANF | 10,94 | 8,7 | 30 | 1946 an NStCM |
C4 | 4 – 5 | 1907 | ANF | 10,94 | 8,7 | 30 | 1946 an NStCM |
C4 | 7 | 1910 | ANF | 11,44 | 8,5 | 30 | 1946 an NStCM |
C | 27 | 1935 | CG | 10,00 | 7,0 | 30 | 1948 an NStCM |
C4 | 61 – 62 | 1922 | D&B | 16,70 | 13,6 | 48 | 1961 an NStCM |
Güterwagen
Typ | Nr. | Baujahr | Hersteller | Länge m | Gewicht t | Ladegew. t | Bemerkungen |
M | 9 – 11 | 1922 | D&B | 7.65 | 4,8 | 10 | 1961 an NStCM |
M | 12 | 1924 | Decauville | 7,65 | 4,8 | 10 | 1961 an NStCM |
K | 34 – 35 | 1922 | D&B | 7,60 | 6,3 | 10 | 1961 an NStCM |
K | 36 – 37 | 1924 | Decauville | 7,60 | 6,3 | 10 | 1961 an NStCM |
K | 105 | 1901 | du Nord | 6,44 | 4,8 | 10 | 1961 an NStCM |
L | 44 – 47 | 1922 | D&B | 7,60 | 5,0 | 10 | 1961 an NStCM |
L | 48 – 50 | 1924 | Decauville | 7,60 | 5,0 | 10 | 1961 an NStCM |
X | 102 | 1924 | D&B | * | 3,5 | Pflug | 1961 an NStCM |
Stationen und Haltestellen
km ab Nyon | Höhe m.ü.M. | HG | NG | Remise | ||
Morez SNCF | 39.1 | 734 | 2 | 1 | ||
Morez Ville | 38.2 | 701 | 2 | 1 | ||
Morez Ecole | * | * | 1 | |||
Pont de la Bienne | * | * | 1 | |||
La Doye | * | * | 1 | |||
Gouland | 33.8 | 895 | 2 | |||
Sous-les-Barres | * | * | 1 | |||
Le Sagy Bas | * | * | 1 | |||
Les Rousses | 29.5 | 1110 | 2 | 3 | 1 | |
La Cure-France | 27.3 | 1152 | 2 | 1 | ||
La Cure-Suisse | 26.9 | 1155 |
HG = Hauptgleise, NG = Nebengleise.
Bilder aus der Betriebszeit
Rollmaterial
Die meisten Fahrzeuge wurden nach der Betriebseinstellung durch die NStCM übernommen.
Fotos nach der Betriebseinstellung (Spurensuche)
Rollmaterial das bei andern Bahnen oder Museen erhalten blieb
Literatur
Voies étroites du Jura Vaudois BVA Verlag