Ferrovia Biasca – Acquarossa (BA)

Strecke: Biasca – Acquarossa-Comprovasco

Der ABe 4/4 Nr. 4 in Dongio. 1973                                                  Foto P. Sutter, Archiv Tramclub Basel

Hier liegt die Strecke

Biasca liegt an der Gotthard-Südrampe, 20 km oberhalb Bellinzona.

Geschichte

Die Schmalspurbahn ins Bleniotal welche an der SBB Station Biasca ihren Anfang nahm um im eher unbedeutenden Ort Acquarossa zu enden, blieb leider ein Stückwerk. Geplant war eine Bahnverbindung zwischen Biasca und Olivone, dem Hauptort im obern Tal. Da die Finanzierung grosse Mühe machte (das Tal war relativ arm und eine Rendite der Bahn sehr unwahrscheinlich) beschloss man die Strecke in zwei Abschnitten zu erstellen. 1911 konnte die 1. Sektion bis Acquarossa den Betrieb aufnehmen. Als nun die Finanzierung der 2. Sektion nach Olivone erfolgen sollte, machte die immer schärfere Wirtschaftskrise und der Zusammenbruch mehrerer Tessiner Bankinstitute das Vorhaben zu nichte. Der nun folgende erste Weltkrieg und die schlechten Nachkriegsjahre waren für den Weiterbau nicht günstiger und da sich die Bahnfrequenzen der 1. Sektion nicht wie gewünscht entwickelten, kam das Aus für den Weiterbau. Zwar gab es später noch Pläne für eine Weiterführung der Bahn über den Lukmanierpass mit Anschluss ans RhB-Netz, doch es blieben Träume.

Der Verkehr im Bleniotal war nun also zweigeteilt, unten die Bahn – oben der Bus. Es erstaunt daher nicht als in den 60er Jahren, die Bahn sollte umfassend saniert werden, der Ruf nach einem durchgehenden Busbetrieb laut wurde. 1973 wurde der Bahnbetrieb eingestellt und die Gesellschaft übernahm den durchgehenden Busbetrieb zwischen Biasca und Olivone, später sogar bis auf den Lukmanierpass. Bereits 1933 hatte die Bahn übrigens einen Lastwagenbetrieb zur Güterversorgung des Tales eröffnet.

Streckenführung

Der Bahnhofplatz von Biasca, Station an der Gotthardbahn, war Ausgangspunkt der BA. Nach wenigen Metern verliess das Gleis die Strasse und führte nun auf eigenem Bahnkörper weiter. In einer kombinierten Bahn-/ Strassenunterführung wurde die Gotthardstrecke unterquert und bald kam das neue Depotgebäude in Sicht. Immer in nördlicher Richtung über die weite Schwemmebene des Brenno und weiter ins enge Bleniotal. Nach den letzten Häusern von Biasca wird die Bahn vom Berghang ans linke Flussufer gedrängt. Bei Loderio weitet sich das Tal wieder und die Strecke folgt Strasse und linkem Berghang bis Malvaglia. Hier wird es wieder eng und die Bahn windet sich immer in mässiger Steigung dem Fluss entlang aufwärts bis Motta. Von hier bis zur Endstation in Acquarossa ist das Tal wieder breiter, wenn auch im letzten Abschnitt stärker ansteigend. Die Strecke war mit einer Neigung von 35 0/00 und einem Mindestradius von 133 m vorzüglich trassiert. Nebst einem Tunnel war die Strecke reich an Brücken.

Die Fahrzeit betrug 27 Minuten.

Streckenskizze                                                                                        Google Earth

Was blieb erhalten? Stand 2008

Zeugen der Bahn sind nur noch spärlich vorhanden. Das relativ neue Depotgebäude in Biasca Borgo wurde zur Busgarage umfunktioniert und in Acquarossa sind Stationsgebäude und Wagenremise erhalten geblieben. Das ehemalige Stationsgelände wird als Busstation benutzt. Als einziges Stationsgebäude auf Zwischenstationen blieb dasjenige von Corzoneso erhalten. Längere Streckenteile entlang der Dörfer wurden zu Umfahrungsstrassen umgebaut, andere sind noch als Flurwege erhalten.

Bahnwandern 2008

Wie bereits im Kapitel «Was blieb erhalten?» erwähnt wurden grosse Abschnitte vom Bahntrassee zu Umfahrungsstrassen umgebaut. Die verbliebenen Trasseeteile welche als Flur- und Wanderwege erhalten blieben sind daher zerstückelt und für Wanderungen wenig geeignet. Daher kommt für eine Bahnwanderung nur der Abschnitt durch die Brennoschlucht zwischen Malvaglia und Motto in Frage.

Von der Bushaltestelle Malvaglia Rongie folgt man der Umfahrungsstrasse (ehemaliges BA Trassee) etwa 500 Meter talaufwärts. Da wo rechterhand die alte Hauptstrasse einmündet, geht man auf die linke Strassenseite und sieht einen Flurweg, welcher sich zum Fluss hin absenkt. Wir sind auf dem praktisch unveränderten BA Trassee. Etliche Betonsockel an welchen die hölzernen Fahrleitungsmasten befestigt waren sind noch vorhanden, ebenso Brückenfundamente und viele Stützmauern. Nach ca. 2 km entlang des Brenno Flusses kommen wir wieder auf das Niveau der Hauptstrasse empor und zum Endpunkt bei der kleinen Kapelle von Motto, vor der einst das Haltestellengebäude von Motto-Ludiano stand. Gleich an der Hauptstrasse liegt die Bushaltestelle.

Wanderzeit: 35 Minuten.

Allgemeine Daten

Betriebsaufnahme Strecke:
Biasca – Acquarossa 6.07.1911
Betriebseinstellung Strecke:
Biasca – Acquarossa 29.09.1973
Streckenabbruch anschliessend
Ersatzbetrieb Bus
Streckenlänge 13,8 km
Strassenstrecken 0,3 km
Spurweite 1000 mm
Kleinster Kurvenradius 133 m
Grösste Neigung 35 0/00
Anzahl Weichen 23
Anzahl Stationen und Haltestellen 14
Tiefste Station (Biasca) 292 m.ü.M.
Höchste Station (Acquarossa) 538 m.ü.M.
Depot / Werkstätte Biasca Borgo
Anzahl Tunnel 1
Anzahl Brücken  (über 2 m Länge) 22
Betriebsart Elektrisch
Elektrischer Betrieb ab Eröffnung
Stromsystem Gleichstrom
Spannung 1 200 V
Personalbestand 17
Beförderte Personen 1936 91 857
Beförderte Personen 1972 204 829
Beförderte Güter 1936 4 553 t
Beförderte Güter 1972 1 707 t
Anzahl Zugspaare 8
Kupplungssystem ZP2
Bremssystem elektr. Bremse / Druckluft  1)
Stromabnehmer Panto
Fahrzeugbreite 2,70 m
Anstrich der Personenfahrzeuge grün / crème
Höchstgeschwindigkeit 55 km/h

1) Ursprünglich Vakuumbremse

Rollmaterial bei Betriebseinstellung

Triebfahrzeuge

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht Leistung  Plätze  Bemerkungen
    m      t    PS  1/2 Kl.
ABDe 2/4   1   1911  SWS/BBC  13,83     21   160 8 / 24 1973  Abbruch
ABDe 2/4   2   1911  SWS/BBC  13,83     21   160 8 / 24 1972  Abbruch
ABDe 2/4   3   1911  SWS/BBC  13,83     21   160 8 / 24  1)    Abbruch
ABe 4/4   4   1951  SWS/SAAS  16,45     28   380 8 / 48 1973  an MOB
ABe 4/4   5   1963  SWS/SAAS  16,45     28   380 8 / 48 1973  an OJB

1) der ABDe 2/4 3 war nach der Betriebsumstellung bis 1991 in Acquarossa als Denkmal aufgestellt.

Personenwagen

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht  Plätze Bemerkungen
   m      t     2. Klasse
B2   11    1911      SWS   8,40      7    32 1973  Abbruch
B2   12    1911      SWS   8,40      7    32 2011  an SEFT (BM)
B3   13    1909/55       SIG   9,78      8    40 1973  Abbruch  1)
B3   14    1909/55       SIG   9,78      8    40 1973  Abbruch  1)
Z2   57  1904/49   SIG/SWS   9,20      8    — 1973  an FLP  2)

1) 1955 von Brünigbahn übernommen.
2) 1949 von Brünigbahn übernommen, neuer Kasten.

Güterwagen

Typ Nr. Baujahr Lieferfirmen Länge Gewicht Ladegewicht Bemerkungen
    m     t  t
K  21 – 23   1911      SWS   6,30     5     10 1973  Abbruch
K     24 1911/20    SWS/BA   6,30     5     10 1973  Abbruch  1)
K  25 – 28   1926/51    Magliola   6,80     5     15 1973  Abbruch 2)
K     29   1926/55 Reggiane   7,90     6     12 1973  Abbruch  2)
L    31   1911      SWS   6,30     4     10 1973  Abbruch
OM     41   1911      SWS  10,20     7     12 1973  Abbruch
M     51   1911/13      SWS   6,30     4     10 1973  Abbruch  4)

1) 1920 aus L 34 umgebaut.
2) Diese Güterwagen wurden 1951 von der Ferrovia dell’Appennino Centrale, FAC übernommen.
4) 1913 aus L 32 umgebaut.

Ferner war noch ein Fahrleitungs-Montagewagen vorhanden.

Stationen und Haltestellen

Name Bahn km Höhe m.ü.M  HG  NG  Remise  Depot
Biasca  SBB      0,0      292   2   3
Biasca Borgo  (Depot)      0,8      301   2   4   1
Biasca Borgo  Hlst.      1,0      304   1
Vallone      1,9      346   1
Loderio      3,4      353   1
Leggiuna      4,8      365   1
Brugaio      5,6      359   1
Malvaglia Chiesa      6,5      366   1
Malvaglia Rongie      7,7      380   2
Motto-Ludiano      9,6      441   1
Marogno     10,4      452   1
Dongio     11,5      479   2
Corzoneso     12,6      505   2
Acquarossa     13,8      538   2   3   3

HG = Hauptgleise, NG = Nebengleise

Stationsskizzen

Bilder aus der Betriebszeit

Fahrzeug Nr. sowie techn. Angaben waren jeweils nur auf den Routentafeln angegeben.

Ausschnitt aus dem Kursbuch 1971

Rollmaterial

 

Fotos nach der Betriebseinstellung (Spurensuche 2008)

 

Rollmaterial das bei andern Bahnen oder Museen erhalten blieb

 

 

 

Literatur

Schweiz. Eisenbahnstatistik 1912, Amt für Verkehr
Schweiz. Verkehrsstatistik 1965, Amt für Verkehr
Schienennetz Schweiz, AS Verlag
Aufgehobene Bahnen in der Schweiz, VRS Verlag